Warum spielt die Netzqualität in medizinischen Anwendungen eine Rolle? Dies ist in jedem Fall eine sehr spezifische Frage. Wir versuchen jedoch, diese Frage in diesem Blog für Sie zu beantworten.

Bevor wir jedoch mögliche Antworten zu Netzqualität in medizinischen Anwendungen geben, sollten wir die Definition der Netzqualität beleuchten.

Was ist Netzqualität überhaupt?

Netzqualität ist kein neues Thema. In den letzten Jahren ist es allerdings durch den hohen Grad der Technologisierung und deren Anfälligkeiten immer mehr in den Fokus gerückt. Dies wird ausgedrückt durch so  genannte Netzphänomene. Diese wiederum leiten sich aus der Normung für die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) nach IEC 61000-x-x ab.

Auf den ersten Blick haben wir eine sehr zuverlässige Versorgung mit elektrischer Energie. Auf den zweiten Blick jedoch begegnen uns dauernd Phänomene im elektrischen Netz. Diese wiederum können für sich genommen oder in der Summe zu ernsthaften Problemen für Menschen, Maschinen und Umwelt führen. Und dies mit stark wachsender Tendenz.

Spätestens jedoch mit dem Beginn einer so genannten Energiewende, kommt der Spannungsqualität in elektrischen Verteilnetzen (= Netzqualität) eine immer wichtigere Bedeutung zu. Im Idealfall weist die Spannung in elektrischen Netzen eine Sinusform auf. Diese wird durch Spannungshöhe, Frequenz und Kurvenform bestimmt.

Somit erfährt die Netzqualität in medizinischen Anwendungen eine hohe Bedeutsamkeit.

Was hat sich aber nun im Sinne der Netzqualität in medizinischen Anwendungen verändert?

Netzqualität in medizinischen Anwendungen

Beispiel einer optimalen Sinuswelle

Durch das Zusammenspiel von geänderten Netzverhältnissen sowie dem vermehrten Einsatz von nicht linearen Verbrauchern und Erzeugern, treten zunehmend Phänomene auf. Resultierend daraus, wird die individuelle Sinusform von Strom und Spannung beeinflusst. Besagtes führt zu Veränderungen in der Netzqualität und kann dadurch zu ungewollten Symptomen bei anderen Verbrauchern führen. Das wiederum ist ein möglicher Trigger von ungeplanten Kosten für Betreiber von medizinischen Geräten.

Die Herausforderungen für medizinische Einrichtungen

Der Regelfall bei medizinischen Einrichtungen, wie z. B. Krankhaus, Universitätskrankenhaus, Reha-Kliniken, spezialisierte Fachärzte, etc. sieht doch so aus (natürlich nicht abschliessend):

  • Betrieb einer relevanten Anzahl an sehr teuren und technisch komplexen Anlagen
  • Hoher Grad an Elektronik und Computer
  • Während der Applikation wirkt oftmals ein hoher, jedoch kurzer Energiebedarf auf das Netz
  • Das Personal ist auf höchstem geschulten Niveau
  • Die Maschinen müssen einen kurzen ROI abwerfen und somit hoch effizient funktionieren
  • Patientensicherheit hat immer aller höchste Priorität

Was hat jedoch die Netzqualität in medizinischen Anwendungen damit zu tun? Es ist doch alles auf dem höchsten technischen als auch personellem Niveau! Das hat ja schliesslich alles sehr viel Geld gekostet.

Ein Beispiel

Nebst den eigentlichen medizinischen Herausforderungen sind technische Störungen ein sehr unbeliebtes Kapitel. Man stelle sich vor, während einer Magnetresonanztomographie (MRT) fällt die Anlage plötzlich aus. Der Patient, in seiner bereits misslichen Lage, fährt wieder aus dem MRT heraus und das System wird neu gestartet. Alles geht wieder von vorne los. Bravo. Und dies mehrfach an diesem Tag. Herbei gerufene Techniker können das Problem nicht lösen. Auch die Servicetechniker des Herstellers stehen vor einem Rätsel.

Fazit des Betreibers: “Sch… Anlage. Hätten wir doch lieber von einem anderen Hersteller gekauft!” Oder ist hier etwas anderes im Gange?

Themen eines plötzlichen Ausfalls oder einer Störung häufen sich. Und dies in allen Bereichen des täglichen Lebens.

Was aber ist nun möglicherweise passiert?

Des Rätsels Lösung ist nicht trivial und kann durchaus eine entsprechende Komplexität beinhalten. Aber ein Fazit können Sie hier bereits ziehen. Wenn technische Dinge geschehen, die sich auch von Ihrem Fachpersonal zunächst nicht erklären lassen, kann es durchaus mit der Netzqualität in medizinischen Anwendungen zu tun haben. Hierbei spielen wieder die Phänomene der Netzqualität nach der Definition IEC61000-xx-xx eine Rolle. Diese lauten:

  • Unregelmässigkeiten in der Netzfrequenz
  • Die Höhe einer Versorgungsspannung
  • Flicker
  • Einbrüche und/oder Überhöhungen in der Versorgungsspannung
  • Schnelle Spannungsänderungen
  • Spannungsunterbrechungen
  • Asymmetrie der Versorgungsspannung (ungleich belastete Leiter)
  • Oberschwingungen im System
  • Zwischenharmonische Spannungen (übrigens auch in der Signalübertragung)
  • Transienten

Was sind die “Influencer” einer veränderten Netzqualität in medizinischen Anwendungen

Moderne Leistungselektronik, bzw. nichtlineare Verbraucher belasten die elektrischen Netze immer stärker. Dadurch zeigt der Wechselstrom schon lange nicht mehr den ursprünglichen sinusförmigen Verlauf wie bei klassischen ohmschen Verbrauchern (z. B. Glühlampen, direkt betriebenen Asynchronmotoren, usw.)

Elektrogeräte und Maschinen, insbesondere medizinisches Equipment, werden heutzutage stark belastet. Dies spiegelt sich in erhöhten Wärmeverlusten, steigendem Energieverbrauch bis hin zu Störung und Ausfall von Anlagen wider.

Hinzu kommt der Wandel von einer zentralen Stromerzeugung mit einer gut planbaren unidirektionalen Flussrichtung des Stromes im Verteilernetz. Heute haben wir volatile, um alternative Energieerzeuger ergänzte Stromnetze, mit einer multidirektionale Flussrichtung. Der Strom wird hier nicht mehr ausschliesslich durch dynamo-elektrische Generatoren erzeugt, sondern zeugt mehr und mehr von DC-Energiequellen. Diese werden in der Regel über DC- / AC-Wandler auf einen annähernd sinusförmigen Verbraucher geführt.

Welche Symptome können bei veränderter Netzqualität in medizinischen Anwendungen auftreten?

Die Liste der möglichen Fehler ist lang. Symptome durch beeinflusste Netzqualität in medizinischen Anwendungen und Umgebungen können sich wie folgt darstellen:

  • Überhitzung von Motoren & Transformatoren
  • Unerwünschte Ausschaltung von Fehlerstromschutzeinrichtungen sowie Sicherungen, sofern im Netz vorhanden (Anmerkung IT-Netze)
  • Überlastung der Neutralleiter = Brandgefahr (Anmerkung IT-Netze)
  • Überbeanspruchung der Kondensatoren zur Leistungsfaktorkorrektur (Power Factor Correction)
  • Flackern von Leuchtmitteln sowie Monitoren (mittlerweile auch nicht mehr optisch wahrnehmbar für den Mensch)
  • Ausfall von elektronischen Vorschaltgeräten
  • Generelle Funktionsbeeinträchtigungen von elektronischen Geräten & Steuerungen (z. B. Aufzugssteuerungen, Telefonanlagen, MRT, CT, Röntgensysteme, Ultraschallanwendungen, EKG, EEG, Laborequipment, Dialysegeräte, USV-Systeme, Überwachungsanlagen, Operations-Roboter, Computer, Klimageräte, Luftbehandlungsanlage, Sauerstoffsteuerungen, Drucker, etc.)
  • Ungewolltes Herunterfahren von Servern (z. B. im Rechenzentrum einer Klinik)
  • Beeinträchtigung der Übertragung von Rundsteuersignalen
  • Beeinträchtigung sowie Täuschungsalarme von funkvernetzten Rauchwarnmeldern
  • Erhöhte Blindarbeit und damit erhöhte Energiekosten (ǂ Energieeffizienz)
  • Reduktion der erwarteten Lebensdauer von Komponenten (z. B. Ausfall von LED-Beleuchtung, Ausfall von Servern, Motorensterben, Transformatorenausfall, usw.)
  • Störende Geräuschentwicklung (im Frequenzbereich bis 16 kHz für das menschliche Ohr)
  • Skin-Effekte als Tendenz eines hochfrequenten Wechselstroms, nur durch die äußere Schicht eines Leiters zu fließen
  • Leitungs- und Kabelschäden
  • etc.

Und jetzt? Was soll ich tun?

Damit Sie dem Problem einer schlechten Netzqualität entgehen, ist es ähnlich wie bei einer Patientendiagnose. Sie sollten dabei das Problem einkreisen. Am sinnvollsten permanent.

Und dies erreichen Sie am besten mit einer guten und nachhaltigen Messung der Netzqualität in Ihrem System. Mit dieser einfachen Einrichtung können Sie feststellen, ob veränderte Netzqualität überhaupt vorhanden ist. Ist dies der Fall, so erkennen Sie via Zeitstempel genau, wann diese eingetreten sind und ob diese sogar einen Einfluss auf Ihr wertvolles medizinisches Equipment hatte.

Im nächsten Schritt können Sie die Analyse der Messdaten einleiten. Je nach Tiefe des Know-Hows mit Ihrem eigenen Fachpersonal oder zugezogenen externen Spezialisten. Dabei finden Sie die Ursache heraus und können entsprechende elektrische Optimierungen einleiten.

Die permanente Messung hilft Ihnen wiederum dabei, die eingeleiteten Massnahmen auf Wirksamkeit zu überprüfen. Man könnte durchaus sagen, dass diese Vorgehensweise  einem ISO-zertifiziertem Management System entspricht. Einem PDCA. Genau dies wird auch unter der Rubrik “Demand Side Power Quality” oder in kurz “DSPQ” seitens der IEC TR 63191 betrachtet.

Fazit: Wenn etwas nicht so funktioniert, wie Sie es erwarten, kann eine veränderte Netzqualität die Ursache sein. Bei Fragen zu dem Thema melden Sie sich dann einfach hier. Viel Erfolg bei der Optimierung Ihrer Anlagen und Systeme wünscht Ihnen Power Quality as a Service.