NETZPHÄNOMENE BEGEGNEN UNS TÄGLICH

Netzqualität ist kein neues Thema, obwohl es in den letzten Jahren, bedingt durch eine immer höher technologisierte und auch anfälligere Welt, mehr und mehr in den Fokus rückte. Die Betrachtung und die Grenzen für die elektrischen Phänomene leiten sich aus der Normung für die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) nach IEC 61000-x-x ab.

Auch wenn wir auf den ersten Blick eine sehr zuverlässige Versorgung mit elektrischer Energie haben, so begegnen uns doch täglich Phänomene im elektrischen Netz, die für sich oder in Summe zu ernsthaften Problemen für Menschen, Maschinen und Umwelt werden können. Den wirtschaftlichen Schaden durch Netzphänomene bezifferte eine Studie bereits in 2007 auf 157 Milliarden Euro / Jahr mit stark wachsender Tendenz.

Die Netzphänomene nach IEC61000-x-xx (EMV) im Detail

Netzfrequenz


Bei einem Überangebot von elektrischer Leistung kommt es zu einer Steigerung der Netzfrequenz, bei einem Unterangebot zu einer Absenkung. Im Normalfall sind diese Abweichungen im westeuropäischen Verbundnetz minimal und bewegen sich unter 0,2 Hz. Kommt es durch nicht kompensierbare Fehler zu einem massiven Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage von elektrischer Leistung, sind entsprechend starke Netzfrequenzschwankungen die Folge.

Ursachen:

  • Wegfall von Stromerzeugern
  • Große Laständerungen

Mögliche Folgeprobleme

  • Instabilität des Versorgungsnetzes

Höhe der Versorgungsspannung


Durch Änderung in der Netzbelastung kann es zu einer (kurzzeitigen) Änderung in der Höhe der Versorgungsspannung kommen.,

Ursachen:

  • Änderungen der Netzbelastung

Mögliche Folgeprobleme

  • Störung von Betriebsmitteln
  • Anlagenabschaltung
  • Datenverlust

Flicker

Häufige schnelle Spannungsänderungen ergeben Lichtschwankungen, die als Flicker bezeichnet werden und beim Menschen Ermüdung der Augen, Unbehagen und Schwindelgefühl auslösen können.

Die Verursacher von Flicker sind häufig Schweißmaschinen, Lichtbogenöfen, Röntgengeräte, Windkraftanlagen sowie Antriebe mit stoßartiger Belastung

Ursachen

  • Häufige Laständerungen
  • Motorstart

Mögliche Folgeprobleme

  • Flackern der Beleuchtung
  • Beeinträchtigung der Arbeitsleistung exponierter Personen

Einbrüche / Überhöhungen der Versorgungsspannung. Schnelle Spannungsänderungen (RVC)


Bei Spannungseinbrüchen (oftmals als Transiente interpretiert) geht der Spannungs-Effektivwert auf Werte zwischen 1% bis 90% der Nennspannung zurück, hervorgerufen durch kurzzeitige, hohe Netzbelastung insbesondere in Netzen mit niedrigen Kurzschlussleistungen. Die Ursache dafür sind hohe Anlaufströme großer Motoren, die ein Vielfaches des Nennstromes betragen. Gleiches gilt für Motoren, die unter hoher Last anlaufen müssen.

Ursache

  • Grosse Laständerungen
  • Kurzschluss, Erdschluss
  • Gewitter
  • Überlastung der Energieversorgung
  • Einspeisung erneuerbarer Energien wie Wind oder Photovoltaik

Mögliche Folgeprobleme

  • Störung von Betriebsmitteln wie Steuerungen oder Antrieben
  • Betriebsunterbruch
  • Datenverlust bei Steuerungen und Computern

Spannungsunterbrechungen


Eine Unterbrechung bezeichnet den vollständigen Verlust der Spannung oder des Stroms. Dabei unterscheidet man zwischen einer Langzeitunterbrechung (länger als 3 min.) und einer Kurzzeitunterbrechung (bis einschliesslich 3 min.)

Ursachen

  • Kurzschluss
  • Ausgelöste Sicherungen
  • Komponentenausfall
  • Geplanter Unterbruch der Versorgung

Mögliche Folgeprobleme

  • Produktionsausfall
  • Prozessunterbrüche
  • Datenverlust bei Steuerungen und Computern

Unsymmetrie der Versorgungsspannung

Durch ungleichmäßige Verteilung von einphasigen Verbrauchern und dem Betrieb von Zweiphasigen Verbrauchern werden Transformatoren unsymmetrisch belastet. Die Wirklast der Verbraucher ist dabei verantwortlich für ungleichmäßige Phasenspannungen und die Blindlast sorgt für Abweichungen der Phasenverschiebungen von den idealen 120 Grad.

Ursachen:

  • Ungleiche Belastung der Phasen durch ein- oder zweiphasige Verbraucher

Mögliche Folgeprobleme

  • Strom im Neutralleiter
  • Überlastung / Überhitzung von Betriebsmitteln
  • Erhöhung von Oberschwingungen

Oberschwingungsspannungen


Oberschwingungen sind sinusförmige, der Spannungs- oder Stromgrundschwingung überlagerte Anteile. Sie entstehen durch nichtlineare Verbraucher im Netz. Das Verhältnis von Oberschwingungsfrequenz zur Netzfrequenz wird als Ordnungszahl h bezeichnet. Ganzzahlige Vielfache der Netzfrequenz nennt man Harmonische. Ergibt sich ein nicht ganzzahliges Vielfaches, dann spricht man von Zwischenharmonischen.

Ursachen:

Nichtlineare Lasten wie Frequenzumrichter, Gleichrichter, Schaltnetzteile, Lichtbogenöfen, Computer, Leuchtstoffröhren usw.

Mögliche Folgeprobleme:

  • Reduktion der Maschineneffizienz
  • Erhöhte Energieverluste
  • Überlastung / Überhitzung von Betriebsmitteln
  • Strom im Neutralleiter

Zwischenharmonische Spannungen, Spannungen für Signalübertragung


Zwischenharmonische sind sinusförmige Schwingungen, deren Frequenz kein ganzzahliges Vielfaches der Grundfrequenz von 50 Hz sind.

Ursachen:

  • Frequenzumrichter und ähnliche Steuergeräte

Mögliche Folgeprobleme:

  • Flicker
  • Störung der Rundsteuerung

Transiente

Transiente Überspannungen, oftmals mit einer schnellen Spannungsänderung (RVC) verwechselt, sind hochfrequente Ereignisse mit der Dauer weniger als einer Netzperiode. Dabei treten Spannungsspitzen bis zu einigen kV auf. Diese halten nur sehr wenige Millisekunden an. Ein wesentliches Merkmal der Transienten ist zudem, dass die Wellenform der Sinuskurve maßgeblich für eine kurze Zeit beeinträchtigt wird.

Transienten entstehen hauptsächlich durch betriebsbedingte Schaltereignisse am Netz, Blitzeinschläge und durch Kurzschluss ausgelöste Sicherungen und Leistungsschalter.

Eine Erfassung von schnellen Transienten, z. B. nach IEC61000-4-4, bedingt in der Regel einen kostenintensiven separaten Messkanal mit einer sehr hohen Abtastrate.

Mögliche Ursachen: 

  • Blitzschlag, Schalthandlungen

Mögliche Folgeprobleme:

  • Zerstörung von Betriebsmitteln
  • Datenverlust
  • Anlagenabschaltung